Ich bringe diesen Sommer wieder hier in Jena in einem kleinen Landhause zu, und befinde mich beßer dabei als bei dem Besuche eines Badeortes; die Ruhe, der stündliche Genuß der freien Luft thun mir unbeschreiblich wohl, und meine mit den Jahren zunehmende Trägheit findet auch ihre Rechnung dabei. Meine Adele treibt sich in der Welt umher, jetzt hält sie in Rödelsheim nahe bei Frankfurt a. M. bei einer Freundin sich auf, und wird nächstens mit einer andern auf einige Monate nach Köln gehen. Sie empfiehlt sich Ihnen auf das Angelegentlichste, und möchte gern auch für Löwen ein gutes Wort bei Ihnen einlegen, wenn sie nur den Muth hätte.
Nehmen Sie noch meinen herzlichen Dank für die gütige Aufnahme unsrer Freundin Kleefeld, sie war entzückt davon, und preist sich überglücklich, Sie lesen gehört zu haben.
Gedenken Sie meiner mit gewohnter Güte und Freundlichkeit.
Ihre treuergebneJohanna Schopenhauer.V
Weimar, d. 29. März 1829.Die Ueberbringerin dieses ist Fräulein Kleefeld2 aus Danzig, die Tochter des ersten dortigen Arztes und eine Freundin meiner Adele; sie hat den ganzen Winter mit uns zugebracht, und kann Ihnen also sagen, wie es mir und meiner Tochter ergangen ist und ergeht. Sein Sie freundlich gegen sie, mein verehrter Freund, sie ist ein gutes Kind und uns herzlich lieb. Sie wünscht diese Zeilen Ihnen selbst zu bringen, um Sie nur zu sehen.
Der eigentliche Zweck dieser Zeilen ist eine Erkundigung nach einem jungen Tragödiendichter, Doctor Rapp aus Stuttgardt, der vorige Woche hier durch kam, mit einem Bündel Tragödien à la Shakespear, die er Ihnen vorlegen wollte, und einer Empfehlung von Sulpitz Boisserée, die ihm Eingang bei Ihnen verschaffen sollte, und dessen Schwager er nächstens werden wird. Er hat eine dieser Tragödien, nehmlich den 1sten Theil von König Heinrich der vierte, zu dem noch zwei andre gehören, bei mir niedergelegt, so sehr ich mich auch dagegen wehren mochte, denn es ist mir unmöglich mir über dergleichen ein Urtheil anzumaaßen, bei seiner schnellen Abreise hat er ihn wieder abzuholen vergeßen, und ist jezt wahrscheinlich in Unruhe über sein Kind, indem er wohl nicht mehr weiß, wo er es gelassen. Ich gebe der Kleefeld das Manuscript mit, da er doch wahrscheinlich noch in Dresden sich aufhält; sollte dies nicht der Fall sein, so wißen Sie vielleicht, wohin Sie es ihm nachschicken können, oder bewahren es, bis er sich bei einem von uns beiden danach erkundigt. Gelesen habe ich es nur theilweise, die Handschrift ist gar zu unleserlich.
Gedacht haben wir Ihrer in dieser Zeit oft und viel, indem Herr von Holtei einige Wochen bei uns sich aufhielt und in einigen Zirkeln sein Lese-Talent der Gesellschaft zum Besten gab. Er hat uns allen wohl gefallen aber den wunderbaren Zauber versteht er doch nicht zu üben, in welchem jemand Anders ein unerreichbarer Meister ist und bleibt.
Ich schreibe sehr eilig, Adele ist seit drei Wochen bei Freunden am Rhein, die Kleefeld reist morgen in aller Frühe ab, und da giebt es so mancherlei für sie zu besorgen, daß ich nur Zeit behalte, Sie recht herzlich zu bitten, mir Ihr freundliches Wohlwollen fortwährend zu erhalten.
Ihre ErgebneJohanna Schopenhauer.Kommt denn nicht bald der zweite Theil Ihres Cevennen-Krieges? Ich verlange mit ganzer Seele danach; mich hat seit Jahren nichts so erfreut, zweimal habe ich ihn schon gelesen, und warte nur auf den zweiten Band, um von vorne wieder anzufangen.
Schütz, Wilhelm von
Geb. am 13. April 1776 zu Berlin, gest. am 9. August 1847 in Leipzig. War preuß. Landrath und Direktor der Ritterschaft in der Neumark, und hielt sich, nachdem er aus dem Staatsdienste getreten, für gewöhnlich in Dresden auf.
Lacrimas, Trauerspiel (1803.) Der Graf und die Gräfin von Gleichen, Tragödie (1807.) Niobe, Tragödie (1807.) Romantische Wälder (1808.) Der Garten der Liebe (1811.) Graf von Schwarzenberg, Trauerspiel (1819.) Dramatische Wälder (1821.)
Rußland und Deutschland (1819.) Deutschlands Preßgesetz (1821.) Zur intellectuellen und substantiellen Morphologie &c. (1823.)
Zwölf Bände einer Uebersetzung aus den Memoiren des Casanova (182228.) &c.
I
Cummerow, den 8. März 1812.Liebster FreundDeine Mittheilungen über meinen Anfang eines Drama: Guiscardo und Gismonda, sind für mich eben so belehrend wie ermunternd gewesen, und ich habe die Eröffnung des Stücks nach Deinem Rathe angefangen, leider aber von meinem ersten Entwurf keine Concepte mehr gefunden, so daß ich nicht fortfahren kann, ohne die Abschrift zu benutzen, die ich Dir gelassen habe. Gern bliebe ich in dem Zug, um so mehr, da bald Unterbrechungen kommen möchten, und deshalb bitte ich Dich, mir recht bald jene Blätter zu senden. Vielleicht können sie noch Montag Abend in Ziebingen zur Post kommen.
In der Ode, die mein Schwiegervater so vieler Aufmerksamkeit gewürdigt hat, habe ich das geändert, was er angestrichen hatte und übersende Dir eine geänderte Abschrift mit der Bitte, sie ihm zu übergeben und ihn meiner kindlichen Gesinnungen zu versichern.
Meine Frau grüßt Dich, Deine Frau, ihren Vater und die Geschwister, bittet Dich auch Heinrich zu sagen, daß sie hier angekommen sey. Bleibe recht heiter und gesund und behalte lieb
DeinenSchütz.II
Madlitz, den 13ten September 1812.Mit vielem Dank sende ich Dir liebster Freund hierbei den Phantasus zurück. Wie sehr mir die Einleitung dazu gefallen, sagte ich Dir schon nach der Vorlesung. Diese aber hatte mir immer noch nicht den Eindruck gewähren können, welcher sich erst davon trägt, wenn man sie und die Unterredungen nicht abgesondert, sondern in ihrem Zusammenhange mit den Dichtungen genießt, zu denen sie gehören. Erst dann wird man des Reitzes theilhaftig, der sich dadurch so anziehend über das Ganze verbreitet, daß das in den Dichtungen sich regende unmittelbare Leben einen so wunderbaren Contrast mit dem mannigfaltigen Hin- und Hersprechen bildet, welches dazwischen unter den Erzählern vollführt wird. Ich glaube daher auch, daß es dem Buche recht vortheilhaft sein muß, wenn der Darstellung des Wesens der Erzähler, und in ihm des Wesens ihrer Zeit zwischen den Dichtungen recht viel Platz vergönnt wird, so daß die letztern hierdurch recht wie Erinnerungen theils an die gewesene, theils an die noch in der Dunkelheit und Zurückgezogenheit wohnende unmittelbare Poesie des Lebens den Leser antreten. Von den neuen mir erst jetzt bekannt gewordenen Dichtungen sind mir die Elfen und der Pokal ganz vorzüglich lieb, die ich in jeder Hinsicht für sehr gelungen halten muß.
Ich übersende Dir nun auch mein Trauerspiel, den letzten Akt aber so, wie ich ihn während des Dichtens niedergeschrieben habe, mit den während dessen und beim Ueberlesen gemachten Correkturen, also auch vielleicht etwas unleserlich. Du solltest ihn in seinem ersten Wurf sehen, und ich wollte Dich erst hören, bevor ich zu Aenderungen und Verbeßerungen schritt. Ich glaube im zweiten Akt wird Guiscardo den einen Monolog in fünffüßigen Jamben sprechen müssen, auch vielleicht im dritten Akt den, wo er nach dem Anselmo auftritt, und dann könnten sie wohl auch im ersten Akt beibehalten werden, denn ich bin der Meinung, daß sie als Unterbrechung der beständigen Assonanzen doch gut thun.
Solltest Du den Triumpf der Vorzeit durchgesehen, das nöthige angestrichen, auch einiges geändert haben, so hätte ich ihn wohl gern bald zurück, um ihn an Fr. Schlegel zu senden. Wenn es Dir also möglich ist, so sey so gut ihn mir recht bald zuzusenden.