Nun sollte eine der alten Hofdamen in der nächsten Nacht am Bette der Prinzessin wachen, um zu sehen, ob es ein wirklicher Traum wäre, oder was es sonst sein könnte.
In der Nacht kam auch richtig der Hund, nahm die schöne Prinzessin und lief, was er nur laufen konnte, allein die alte Hofdame zog Wasserstiefel an und lief ebenso schnell hinterher. Als sie nun sah, daß sie in einem großen Hause verschwanden, dachte sie: Nun weiß ich, wo es ist! und zeichnete mit einem Stück Kreide ein großes Kreuz an die Thüre. Darauf ging sie heim und legte sich nieder und auch der Hund kam mit der Prinzessin wieder. Als er aber sah, daß ein Kreuz auf die Thüre, wo der Soldat wohnte, gezeichnet war, nahm er ebenfalls ein Stück Kreide und machte auf alle Thüren der ganzen Stadt Kreuze. Und das war klug gethan, denn nun konnte ja die Hofdame die richtige Thüre nicht finden, da an allen Kreuze waren.
Früh Morgens kam der König und die Königin, die alte Hofdame und alle Offiziere, um zu sehen, wo die Prinzessin gewesen war.
Da ist es! sagte der König, als er die erste mit einem Kreuze bezeichnete Thüre erblickte.
Nein, dort ist es! sagte die Königin, als sie die zweite Thüre mit dem Kreuzzeichen bemerkte.
Aber da ist eins und dort ist eins! riefen sie sämtlich; wohin sie sahen, waren Kreuze an den Thüren. Da sahen sie denn wohl ein, daß alles Suchen vergeblich wäre.
Aber die Königin war eine außerordentlich kluge Frau. Sie nähte einen kleinen Beutel, den füllte sie mit feiner Buchweizengrütze, band ihn der Prinzessin auf den Rücken und schnitt darauf ein kleines Loch in den Beutel, so daß die Grütze den ganzen Weg, den die Prinzessin passierte, bestreuen konnte.
Nachts kam der Hund wieder, nahm die Prinzessin auf seinen Rücken und lief mit ihr zu dem Soldaten, der so gern ein Prinz gewesen wäre, um sie heimführen zu können.
Der Hund merkte durchaus nicht, wie die Grütze über den ganzen Weg vom Schlosse bis zu dem Fenster, wo er mit der Prinzessin die Mauer hinauflief, verstreut wurde. Nun sahen es des Morgens der König und die Königin deutlich, wo ihre Tochter des Nachts gewesen war, und da machten sie kurzen Prozeß mit dem Soldaten und warfen ihn ins Gefängnis.
Ach, wie finster und langweilig war es darin! Auch sagte man ihm: Morgen wirst du gehängt werden! Das war just nicht vergnüglich zu hören, und dazu hatte er sein Feuerzeug daheim im Wirtshause gelassen. Am Morgen konnte er durch das Eisengitter vor seinem kleinen Fenster sehen, wie das Volk aus der Stadt herbeieilte, ihn hängen zu sehen. Er hörte die Trommeln und sah die Soldaten marschieren. Alle Leute waren auf den Beinen; dabei war auch ein Schusterjunge mit Schurzfell und Pantoffeln; er galoppierte so eilig, daß ihm ein Pantoffel abflog und gerade gegen die Mauer, hinter welcher der Soldat saß und durch das Eisengitter hinausschaute.
Hör einmal, Schusterjunge! Du brauchst dich nicht so zu beeilen, sagte der Soldat zu ihm, es wird doch nichts daraus, bevor ich komme. Willst du aber in meine frühere Wohnung laufen und mir mein Feuerzeug holen, so sollst du vier Groschen bekommen. Aber lauf und nimm die Beine in die Hand! Der Schusterjunge wollte gern das Geld haben und eilte pfeilgeschwind nach dem Feuerzeuge, gab es dem Soldaten und ja nun werden wir es zu hören bekommen.
Außerhalb der Stadt war ein großer Galgen aufgemauert, ringsum standen die Soldaten und viele hunderttausend Menschen. Der König und die Königin saßen auf einem prächtigen Throne, den Richtern und dem ganzen Rate gerade gegenüber.
Schon stand der Soldat oben auf der Leiter, als man ihm aber den Strick um den Hals legen wollte, bat er, man möge ihn doch noch eine Pfeife Tabak rauchen lassen.
Das wollte ihm nun der König nicht abschlagen, und so nahm der Soldat sein Feuerzeug und schlug Feuer, ein, zwei, dreimal. Siehe! da standen alle Hunde da, der mit Augen so groß wie Gänseeier, der mit den Augen wie Mühlräder, und der, welcher Augen hatte so groß wie ein runder Turm.
Helft mir, daß ich nicht gehängt werde! sagte der Soldat, und da stürzten sich die Hunde auf die Richter und den ganzen Rat, ergriffen den einen bei den Beinen, den andern bei der Nase und warfen sie viele Klaftern hoch in die Luft, so daß sie beim Niederfallen in Granatstücke zerschlagen wurden.
Ich will nicht! sagte der König, aber der größte Hund nahm sowohl ihn wie die Königin und warf sie allen anderen nach. Da erschraken die Soldaten und alles Volk schrie: Lieber Soldat, du sollst unser König sein und die schöne Prinzessin haben!
Darauf setzte man den Soldaten in des Königs Carosse, und alle drei Hunde tanzten voran und riefen: Hurrah! und die Jungen pfiffen auf den Fingern und die Soldaten präsentierten. Die Prinzessin kam aus dem kupfernen Schlosse heraus und wurde Königin und das gefiel ihr gar wohl. Die Hochzeit währte acht Tage und die drei Hunde saßen mit an der Hochzeitstafel und machten große Augen.
Das häßliche Entlein
Auf dem Lande draußen war es herrlich. Es war ja Sommer! Auf den Wiesen stand das Heu in Schobern und dort stelzte der Storch auf seinen roten Beinen umher und plapperte ägyptisch, denn diese Sprache hatte er von seiner Mutter gelernt.
Um den Acker und die Wiesen zogen sich große Wälder und mitten in denselben befanden sich tiefe Seen. O, es war herrlich da draußen auf dem Lande! Mitten im warmen Sonnenscheine lag da ein altes Rittergut, von tiefen Kanälen umgeben, und von der Mauer an bis zum Wasser hinunter wuchsen dort große Klettenblätter, die so hoch waren, daß unter den größten kleine Kinder aufrecht stehen konnten. Darin war es gerade so wild wie im tiefsten Walde. Hier lag eine Ente auf ihrem Neste, um ihre Jungen auszubrüten, aber jetzt war sie dessen fast überdrüssig, weil es doch gar zu lange dauerte und sie dabei so selten Besuch bekam.
Endlich platzte ein Ei nach dem andern. Pip, pip! sagte es, alle Eidotter waren lebendig geworden und steckten den Kopf heraus.
Rap, Rap! Eilt, eilt! rief sie, und da rappelten und beeilten sie sich nach Kräften und guckten unter den grünen Blättern nach allen Seiten umher.
Wie groß ist doch die Welt! sagten alle Jungen; denn freilich hatten sie jetzt ganz anders Platz als zu der Zeit, da sie noch drinnen im Ei lagen.
Glaubt denn das Gelbschnäbelchen, das sei schon die ganze Welt! sagte die Mutter. Die geht noch weit über die andere Seite des Gartens hinaus bis in das Feld des Pfarrers; da bin ich indes noch nie gewesen! Ihr seid doch alle hübsch beisammen! setzte sie hinzu und erhob sich. Nein, ich habe noch nicht alle! Das größte Ei liegt immer noch da! Wie lange soll denn das noch dauern? Nun habe ich es wirklich bald satt! Und dann legte sie sich wieder.
Nun, wie geht es? fragte eine alte Ente, die auf Besuch gekommen war.
Es dauert mit dem einen Ei so lange! sagte die Ente, welche brütete. Es zeigt sich noch kein Loch in demselben. Aber nun sollst du die andern sehen. Es sind die hübschesten jungen Enten, die ich je gesehen habe.
Zeige mir doch das Ei, welches nicht bersten will, meinte die Alte. Verlaß dich darauf, es ist ein Putenei. So bin ich auch einmal genarrt worden und ich hatte meine liebe Not mit den Jungen, denn sie fürchteten sich vor dem Wasser, kann ich dir sagen. Erst konnte ich sie gar nicht ausbekommen, so viel ich auch rappte und schnappte, ermahnte und nachhalf! Laß mich doch das Ei sehen! Ja, das ist ein Putenei! Laß es liegen und lehre lieber deine andern Kinder schwimmen!
Ich will doch noch ein wenig darauf liegen bleiben! entgegnete die Ente. Habe ich nun so lange gelegen, kommt es auf etwas länger auch nicht an!