Цвейг Стефан - Die hochzeit von Lyon. Novellen / Свадьба в Лионе. Новеллы. Книга для чтения на немецком языке стр 3.

Шрифт
Фон

Der Priester trat vor den Tisch und erklärte in wenigen Worten, dass überall eine Kirche und ein Altar sei, wo Menschen sich in Demut Gott verbinden wollten. Dann kniete er hin, und alle Anwesenden mit ihm; es blieb so still, dass keine der schmalen Flammen sich bewegte. Dann fragte der Priester in das Schweigen hinein, ob die beiden sich in Leben und Tod vereinen wollten. Mit fester Stimme antworteten sie: „In Leben und Tod“, und dieses Wort Tod – eben noch als ein Grauen gefühlt – schwang hell und klar und von keiner Furcht mehr durchzittert quer in den schweigenden Raum. Da einte der Priester ihre Hände und sprach die bindenden Worte: „Ego auctoritate sanctae matris Ecclesiae qua fungor, conjungo vos in matrimoniam in nomine Patris et Filii et Spiritus sancti.“ Damit war die Zeremonie beendet. Die Neuvermählten küssten dem Priester die Hand, und jeder von den Verurteilten drängte einzeln zu, ein besonderes Wort der Herzlichkeit ihnen zu sagen. Niemand dachte in dieser Sekunde an den Tod, und die ihn fühlten, empfanden seine Schrecknis nicht mehr. Unterdessen hatte jener Freund, der bei der Vermählung als Zeuge gedient, mit einigen ändern leise geflüstert, und bald merkte man neuerdings eine sonderbare Geschäftigkeit beginnen. Die Männer trugen die Strohsäcke aus dem kleinen Nebengemach, und noch hatten die Neuverbundenen, ganz dem traumhaften Geschehen hingegeben, nichts von den Vorbereitungen bemerkt, als jener zu ihnen trat und lächelnd mitteilte, gerne hätten er und seine Schicksalsgenossen dem Paare ein Geschenk zu ihrem bräutlichen Tage geboten, doch welche irdische Gabe gelte noch jenen, die ihr eigenes Leben nicht zu halten vermöchten. So wollten sie das einzige bieten, was Neuvermählten erfreulich und kostbar sein könnte: die abgesonderte Stille einer bräutlichen und letzten Nacht, und lieber selber etwas gedrängter im äußeren Raum zusammenrücken, damit jenen das kleinere Gemach vollkommen gehöre. „Nützt die wenigen Stunden“, fugte er bei, „kein Atemzug Leben wird uns nochmal zurückgegeben, und wem in solchem Augenblicke noch Liebe gegönnt ist, der soll sie genießen.“

Das junge Mädchen errötete bis tief ins Haar, ihr Gatte[9] aber sah frank dem Freunde in die Augen und schüttelte ergriffen die brüderliche Hand. Sie sprachen kein Wort, blickten einander nur an. Und so geschah es, dass ohne eine laute Anordnung unwillkürlich die Männer sich um den Bräutigam, die Frauen um die Braut reihten und mit feierlich erhobenen Lichtern sie hineingeleiteten in das vom Tode geliehene Gelass, unbewusst derart uralten Hochzeitsbrauch wie der erfindend aus dem Übermaß teilnehmenden Gefühls. Leise lehnten sie die Tür dann zu hinter den Vermählten, keiner aber wagte ein unziemliches oder unsauber scherzendes Wort über dies nahe und bräutliche Zusammensein, denn ein sonderbar feierliches Empfinden faltete stumme Flügel über sie alle, seit sie, ohnmächtig selber gegen das Schicksal, ändern eine Handvoll Glück noch hatten zuteilen können. Und im geheimen war jeder dankbar für die wohltätige Ablenkung von dem eigenen unvermeidlichen Los. So lagen, im Dunkel verstreut, wach oder träumend, die Verurteilten auf ihren Strohsäcken bis zur Frühe, und selten nur durchwogte ein Seufzer den vom verlorenen Atem dicht erfüllten Raum. Als dann am nächsten Morgen die Soldaten eintraten, um die vierundachtzig Verurteilten zur Richterstatt zu führen, fanden sie alle schon wach und völlig bereit. Nur im Nebenraum, wo die Vermählten weilten, blieb es still: selbst der harte Stoß der Kolben hatte die Ermüdeten nicht geweckt. So eilte der Brautführer leise hinüber, damit nicht der Henker es sei, der die Glücklichen gewaltsam erwecke. Sie lagen locker umschlungen, ihre Hand wie vergessen unter seinem rücklings geneigten Nakken; selbst in der weichen Erstarrung des Schlafes glänzten ihre Gesichter so selig entspannt, dass es dem Mitfühlenden schwer ward, solchen Frieden zu stören. Aber er durfte nicht zögern und rührte mit drängender Mahnung erst ihn an, der taumelnd aufblickte, mit einem Riss aber die Lage besann und zärtlich die Gefährtin vom Lager aufhob. Sie blickte empor, kindhaft erschreckt, doch nur von dem allzu jähen Auftauchen in die eisige Wirklichkeit: dann lächelte sie ihm einverständlich zu: „Ich bin bereit.“

Unwillkürlich machten alle, als die beiden Hand in Hand eintraten, ihnen Platz, und so ergab es sich ohne Absicht, dass die Neuvermählten den Todesgang der Verurteilten eröffneten. Obwohl den täglichen Anblick jener traurigen Trupps schon gewohnt, blickten diesmal die Leute doch staunend dem sonderbaren Zuge nach, denn von diesen beiden Menschen, die ihn eröffneten, dem jungen Offizier und der mit bräutlichem Kranze geschmückten Frau, strahlte eine so ungewohnte Heiterkeit und fast selige Sicherheit aus, dass selbst dumpfe Seelen hier ein hohes Geheimnis ehrfürchtig fühlten. Aber auch die ändern Verurteilten stapften nicht den sonst schlürfenden Trott der zum Tode Geführten, sondern jeder von ihnen starrte auf die beiden, denen dreimal so unvermutete Wunscherfüllung geworden war, brennenden Blicks und mit dem verzweifelt angekrallten Vertrauen, noch einmal müsse, noch einmal werde an diesen beiden Glücklichen ein letztes Wunder sich ereignen und sie alle damit vom sichern Tode erretten. Aber das Leben liebt nur das Wunderbare und spart mit dem wirklichen Wunder: einzig das in Lyon damals Tagtägliche geschah. Der Zug wurde über die Brücke auf die sumpfigen Felder von Brotteaux geführt, dort erwarteten ihn zwölf Pelotons Infanterie, je drei Flintenläufe für den einzelnen Mann. Man stellte sie in Reih und Glied: eine einzige Salve krachte alle nieder. Dann warfen die Soldaten die noch blutenden Leichen in die Rhone, deren rasche Strömung Antlitz und Schicksal dieser Unbekannten gleichgültig in sich hinunternahm. Nur der hochzeitliche Kranz, der sich vom Haupte der Sinkenden leichter gelöst hatte, schwamm einige Zeit noch sinnlos und fremd auf den weiterwandernden Wellen. Schließlich entschwand auch er und mit ihm für lange Zeit das Gedächtnis jener von den Lippen des Todes gelösten und darum denkwürdigen Liebesnacht.

Der Stern über dem Walde

Franz Carl Ginzkey in herzlicher Gesinnung

Einmal, als sich der schlanke und sehr soignierte Kellner François[10] beim Servieren über die Schulter der schönen polnischen Gräfin Ostrowska herabneigte, geschah etwas Seltsames. Nur eine Sekunde währte es und war kein Zucken und kein Erschrecken, keine Regung und Bewegung. Und doch war es eine jener Sekunden, in die tausende Stunden und Tage voll Jubel und Qual gebannt sind, gleichwie der großen dunkelrauschenden Eichen wilde Wucht mit all ihren wiegenden Zweigen und schaukelnden Kronen in einem einzigen verflatternden Samenstäubchen geborgen ist. Nichts Äußerliches geschah in dieser Sekunde. François, der geschmeidige Kellner des großen Rivierahotels beugte sich tiefer hinab, um die Platte dem suchenden Messer der Gräfin besser zurecht zu legen. Doch sein Gesicht ruhte diesen Moment knapp über der weichgelockten duftenden Welle ihres Hauptes, und als er instinktiv das gesenkte Auge aufschlug, sah sein taumelnder Blick, in wie milder und weißleuchtender Linie ihr Nacken sich aus dieser dunklen Flut in das dunkelrote bauschende Kleid verlor. Wie Purpurflammen schlug es in ihm auf. Und leise klirrte das Messer an die unmerklich erzitternde Platte. Obzwar er aber in dieser Sekunde alle Folgenschwere dieser jähen Bezauberung ahnte, meisterte er gewandt seine Erregung und bediente mit der kühlen und ein wenig galanten Verve eines geschmackvollen Garçons[11] weiter. Er reichte die Platte mit geruhigem Gange dem steten Tischgenossen der Gräfin, einem älteren, mit ruhiger Grazie begabten Aristokraten, der mit fein akzentuierter Betonung und einem kristallenen Französisch gleichgültige Dinge erzählte. Dann trat er ohne Blick und Gebärde von dem Tisch zurück.

Ваша оценка очень важна

0
Шрифт
Фон

Помогите Вашим друзьям узнать о библиотеке

Скачать книгу

Если нет возможности читать онлайн, скачайте книгу файлом для электронной книжки и читайте офлайн.

fb2.zip txt txt.zip rtf.zip a4.pdf a6.pdf mobi.prc epub ios.epub fb3

Популярные книги автора