Miss Sara Sampson - Лессинг Готхольд Эфраим страница 4.

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Sara. Lassen Sie uns nicht mehr daran gedenken—

Achter Auftritt

Norton. Mellefont. Sara.

Mellefont. Was willst du?

Norton. Ich stand eben vor dem Hause, als mir ein Bedienter diesen.

Brief in die Hand gab. Die Aufschrift ist an Sie, mein Herr.

Mellefont. An mich? Wer weiß hier meinen Namen? (Indem er den Brief betrachtet.) Himmel!

Sara. Sie erschrecken?

Mellefont. Aber ohne Ursache, Miß, wie ich nun wohl sehe. Ich irrte mich in der Hand.

Sara. Möchte doch der Inhalt Ihnen so angenehm sein, als Sie es wünschen können.

Mellefont. Ich vermute, daß er sehr gleichgültig sein wird.

Sara. Man braucht sich weniger Zwang anzutun, wenn man allein ist.

Erlauben Sie, daß ich mich wieder in mein Zimmer begebe.

Mellefont. Sie machen sich also wohl Gedanken?

Sara. Ich mache mir keine, Mellefont.

Mellefont (indem er sie bis an die Szene begleitet). Ich werde den Augenblick bei Ihnen sein, liebste Miß.

Neunter Auftritt

Mellefont. Norton.

Mellefont (der den Brief noch ansieht). Gerechter Gott!

Norton. Weh Ihnen, wenn er nichts als gerecht ist!

Mellefont. Kann es möglich sein? Ich sehe diese verruchte Hand wieder und erstarre nicht vor Schrecken? Ist sie's? Ist sie es nicht? Was zweifle ich noch? Sie ist's! Ah, Freund, ein Brief von der Marwood! Welche Furie, welcher Satan hat ihr meinen Aufenthalt verraten? Was will sie noch von mir?—Geh, mache sogleich Anstalt, daß wir von hier wegkommen.—Doch verzieh! Vielleicht ist es nicht nötig; vielleicht haben meine verächtlichen Abschiedsbriefe die Marwood nur aufgebracht, mir mit gleicher Verachtung zu begegnen. Hier! erbrich den Brief; lies ihn. Ich zittere, es selbst zu tun.

Norton (er liest). "Es wird so gut sein, als ob ich Ihnen den längsten Brief geschrieben hätte, Mellefont, wenn Sie den Namen, den Sie am Ende der Seite finden werden, nur einer kleinen Betrachtung würdigen wollen—"

Mellefont. Verflucht sei ihr Name! Daß ich ihn nie gehört hätte!

Daß er aus dem Buche der Lebendigen vertilgt würde!

Norton (liest weiter). "Die Mühe, Sie auszuforschen, hat mir die Liebe, welche mir forschen half, versüßt."

Mellefont. Die Liebe? Frevlerin! Du entheiligest Namen, die nur der Tugend geweiht sind!

Norton (fährt fort). "Sie hat noch mehr getan—"

Mellefont. Ich bebe—

Norton. "Sie hat mich Ihnen nachgebracht—"

Mellefont. Verräter, was liest du? (Er reißt ihm den Brief aus der Hand und liest selbst.) "Sie hat mich Ihnen—nachgebracht.—Ich bin hier; und es stehet bei Ihnen—ob Sie meinen Besuch erwarten—oder mir mit dem Ihrigen—zuvorkommen wollen. Marwood."—Was für ein Donnerschlag! Sie ist hier?—Wo ist sie? Diese Frechheit soll sie mit dem Leben büßen.

Norton. Mit dem Leben? Es wird ihr einen Blick kosten, und Sie liegen wieder zu ihren Füßen. Bedenken Sie, was Sie tun! Sie müssen sie nicht sprechen, oder das Unglück Ihrer armen Miß ist vollkommen.

Mellefont. Ich Unglücklicher!—Nein, ich muß sie sprechen. Sie würde mich bis in dem Zimmer der Sara suchen und alle ihre Wut gegen diese Unschuldige auslassen.

Norton. Aber, mein Herr—

Mellefont. Sage nichts!—Laß sehen, (indem er in den Brief sieht) ob sie ihre Wohnung angezeigt hat. Hier ist sie. Komm, führe mich.

(Sie gehen ab.)

(Ende des ersten Aufzugs.)

Zweiter Aufzug

Erster Auftritt

Der Schauplatz stellt das Zimmer der Marwood vor, in einem andern Gasthofe.

Marwood im Negligé. Hannah.

Marwood. Belford hat den Brief doch richtig eingehändiget, Hannah?

Hannah. Richtig.

Marwood. Ihm selbst?

Hannah. Seinem Bedienten.

Marwood. Kaum kann ich es erwarten, was er für Wirkung haben wird.—

Scheine ich dir nicht ein wenig unruhig, Hannah? Ich bin es auch.—

Der Verräter! Doch gemach! Zornig muß ich durchaus nicht werden.

Nachsicht, Liebe, Bitten sind die einzigen Waffen, die ich wider ihn brauchen darf, wo ich anders seine schwache Seite recht kenne.

Hannah. Wenn er sich aber dagegen verhärten sollte?—

Marwood. Wenn er sich dagegen verhärten sollte? So werde ich nicht zürnen—ich werde rasen. Ich fühle es, Hannah; und wollte es lieber schon itzt.

Hannah. Fassen Sie sich ja. Er kann vielleicht den Augenblick kommen.

Marwood. Wo er nur gar kömmt! Wo er sich nur nicht entschlossen hat, mich festes Fußes bei sich zu erwarten!—Aber weißt du, Hannah, worauf ich noch meine meiste Hoffnung gründe, den Ungetreuen von dem neuen Gegenstande seiner Liebe abzuziehen? Auf unsere Bella.

Hannah. Es ist wahr; sie ist sein kleiner Abgott; und der Einfall, sie mitzunehmen, hätte nicht glücklicher sein können.

Marwood. Wenn sein Herz auch gegen die Sprache einer alten Liebe taub ist, so wird ihm doch die Sprache des Bluts vernehmlich sein. Er riß das Kind vor einiger Zeit aus meinen Armen, unter dem Vorwande, ihm eine Art von Erziehung geben zu lassen, die es bei mir nicht haben könne. Ich habe es von der Dame, die es unter ihrer Aufsicht hatte, itzt nicht anders als durch List wiederbekommen können; er hatte auf mehr als ein Jahr vorausbezahlt und noch den Tag vor seiner Flucht ausdrücklich befohlen, eine gewisse Marwood, die vielleicht kommen und sich für die Mutter des Kindes ausgeben würde, durchaus nicht vorzulassen. Aus diesem Befehle erkenne ich den Unterschied, den er zwischen uns beiden macht. Arabellen sieht er als einen kostbaren Teil seiner selbst an und mich als eine Elende, die ihn mit allen ihren Reizen, bis zum Überdrusse, gesättiget hat.

Hannah. Welcher Undank!

Marwood. Ach Hannah, nichts zieht den Undank so unausbleiblich nach sich als Gefälligkeiten, für die kein Dank zu groß wäre. Warum habe ich sie ihm erzeigt, diese unseligen Gefälligkeiten? Hätte ich es nicht voraussehen sollen, daß sie ihren Wert nicht immer bei ihm behalten könnten? Daß ihr Wert auf der Schwierigkeit des Genusses beruhe und daß er mit derjenigen Anmut verschwinden müsse, welche die Hand der Zeit unmerklich, aber gewiß, aus unsern Gesichtern verlöscht?

Hannah. O, Madam, von dieser gefährlichen Hand haben Sie noch lange nichts zu befürchten. Ich finde, daß Ihre Schönheit den Punkt ihrer prächtigsten Blüte so wenig überschritten hat, daß sie vielmehr erst darauf losgeht und Ihnen alle Tage neue Herzen fesseln würde, wenn Sie ihr nur Vollmacht dazu geben wollten.

Marwood. Schweig, Hannah! Du schmeichelst mir bei einer Gelegenheit, die mir alle Schmeichelei verdächtig macht. Es ist Unsinn, von neuen Eroberungen zu sprechen, wenn man nicht einmal Kräfte genug hat, sich im Besitze der schon gemachten zu erhalten.

Zweiter Auftritt

Ein Bedienter. Marwood. Hannah.

Der Bediente. Madam, man will die Ehre haben, mit Ihnen zu sprechen.

Marwood. Wer?

Der Bediente. Ich vermute, daß es ebender Herr ist, an welchen der vorige Brief überschrieben war. Wenigstens ist der Bediente bei ihm, der mir ihn abgenommen hat.

Marwood. Mellefont!—Geschwind, führe ihn herauf! (Der Bediente geht ab.) Ach, Hannah, nun ist er da! Wie soll ich ihn empfangen? Was soll ich sagen? Welche Miene soll ich annehmen? Ist diese ruhig genug? Sieh doch!

Hannah. Nichts weniger als ruhig.

Marwood. Aber diese?

Hannah. Geben Sie ihr noch mehr Anmut.

Marwood. Etwa so?

Hannah. Zu traurig!

Marwood. Sollte mir dieses Lächeln lassen?

Hannah. Vollkommen! Aber nur freier—Er kömmt.

Dritter Auftritt

Mellefont. Marwood. Hannah.

Mellefont (der mit einer wilden Stellung hereintritt). Ha! Marwood—

Marwood (die ihm mit offnen Armen lächelnd entgegenrennt). Ach Mellefont—

Mellefont (beiseite). Die Mörderin, was für ein Blick!

Marwood. Ich muß Sie umarmen, treuloser, lieber Flüchtling!—Teilen Sie doch meine Freude!—Warum entreißen Sie sich meinen Liebkosungen?

Mellefont. Marwood, ich vermutete, daß Sie mich anders empfangen würden.

Marwood. Warum anders? Mit mehr Liebe vielleicht? mit mehr Entzücken? Ach, ich Unglückliche, daß ich weniger ausdrücken kann, als ich fühle!—Sehen Sie, Mellefont, sehen Sie, daß auch die Freude ihre Tränen hat? Hier rollen sie, diese Kinder der süßesten Wollust!– Aber ach, verlorne Tränen! seine Hand trocknet euch nicht ab.

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