Gwendolyn wusste, dass sie gehen musste.
„Ich muss sie sehen“, sagte sie. „Bring mich bitte zu ihr.“
„Bist du sicher?“, fragte Selese.
„In deinem Zustand solltest du dich nicht bewegen“, fügte Illepra hinzu. „Die Geburt war alles andere als normal, und du musst dich erholen. Du hast Glück, dass du überhaupt am Leben bist!“
Gwendolyn schüttelte entschieden den Kopf.
„Ich will meine Mutter sehen, bevor sie stirbt. Bringt mich zu ihr. Sofort.“
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KAPITEL FÜNF
Godfrey saß in der Mitte eines langen Tisches in der Trinkhalle, ein Krug Bier in jeder Hand, umgeben von einer Menge McClouds und MacGils, sang und schlug mit den anderen die Krüge auf den Tisch. Sie schunkelten, und nach jedem Satz schlugen sie ihre Krüge auf den Tisch, wobei ihnen das Bier über die Hände und auf den Tisch lief. Doch Godfrey war das egal. Er hatte schon viel zu viel getrunken, wie jede Nacht diese Woche, und er fühlte sich gut.
Ihm gegenüber saßen Akorth und Fulton, uns als er sich umsah, sah er dutzende von MacGils und McClouds vereint um einen Tisch sitzen, ehemalige Feinde, die auf seine Einladung hin zum Trinken zusammengekommen waren. Godfrey hatte einige Tage lang die Highlands durchkämmen müssen, um an diesen Punkt zu kommen. Zuerst waren die Männer skeptisch gewesen, doch als Godfrey zunächst die Bierfässer und dann die Frauen hervorgeholt hatte, kamen sie.
Es hatte mit ein paar wenigen Männern angefangen, die einander argwöhnisch beäugten und auf ihrer Seite der Bierhalle blieben.
Doch als es Godfrey gelungen war, die Halle zu füllen, begannen die Männer sich zu entspannen und miteinander zu interagieren. Es gab nichts, was Männer besser zusammenbringen konnte als der Ruf des Biers.
Was den letzten Ausschlag gegeben hatte, damit sie wie Brüder zusammen feierten, war, als Godfrey die Frauen hereingerufen hatte. Godfrey hatte seine zweifelhaften Verbindungen auf beiden Seiten der Highlands genutzt um Frauen aus Bordellen hierher zu holen, und hatte sie fürstlich entlohnt. Nun saß fast jede von ihnen auf dem Schoss eines Kriegers, und die Stimmung wurde gelöst und entspannt, seitdem sich die Männer nicht mehr auf ihre Unterschiede konzentrierten, sondern auf das gemeinsame Trinken, die Frauen und das Singen.
Zu fortgeschrittener Stunde bemerkte Godfrey, dass sich die ersten MacGils mit ein paar McClouds anfreundeten, und Pläne schmiedeten, künftig gemeinsam auf Patrouille zu gehen. Genau das war das Ziel gewesen, dass seine Schwester verfolgt hatte, als sie ihn hierher geschickt hatte, und Godfrey war mächtig stolz auf das, was er schon erreicht hatte. Er hatte natürlich auch Spaß dabei gehabt: Seine Wangen waren rot vom vielen Bier. Das Bier, das die McClouds brauten, hatte es in sich; es war stärker als das, was man auf der anderen Seite der Highlands trank und stieg einem sofort in den Kopf.
Godfrey wusste, dass es viele Wege gab, eine Armee zu stärken, Menschen zusammenzubringen, und zu regieren. Politik war der eine, Führung ein anderer und die Durchsetzung von Gesetzen ein Dritter. Doch keiner dieser Wege konnte die Herzen der Männer erreichen. Godfrey, mit all seinen Fehlern, wusste, wie man die Herzen der einfachen Männer erreicht. Er war ein einfacher Mann. Er mochte zwar von Geburt der königlichen Familie angehören, doch sein Herz hatte immer dem Volk gehört. Er hatte eine gewisse Schläue, die von den Straßen stammte, die all die Ritter in ihren glänzenden Rüstungen niemals haben würden. Sie standen darüber. Und Godfrey bewunderte sie dafür. Doch, wie Godfrey bemerkte, lag auch ein gewisser Vorteil darin, sich zu ihnen herabzulassen. Es gab ihm einen anderen Blickwinkel – und manchmal brauchte man beide Perspektiven um das Volk vollkommen verstehen zu können. Schließlich entstanden die größten Fehler der Herrscher dadurch, dass sie den Bezug zum Volk verloren hatten.
„Diese McClouds wissen, wie man trinkt!“, stellte Akorth fest.
„Sie enttäuschen mich wahrlich nicht“, fügte Fulton hinzu.
Godfrey wurde geschubst und sah ein paar McClouds, die im Vollrausch zu sehr schunkelten und zu laut lachten während sie dir Frauen liebkosten. Godfrey hatte erkannt, dass die McClouds weitaus weniger geschliffen als die MacGils waren. Die Mac Gils waren harte Krieger, doch die McClouds hatten etwas an sich – das fast ein wenig unzivilisiert erschien. Während er den Blick über die Männer schweifen ließ, sah er, dass die McClouds ihre Frauen ein wenig zu sehr an sich drückten, ihre Krüge ein wenig zu hart auf den Tisch schlugen und recht roh miteinander umgingen. Diese Männer hatten etwas an sich, das Godfrey selbst nach all den Tagen, den er mit ihnen verbracht hatte, immer noch nervös machte. Irgendwie konnte er diesen Leuten nicht voll vertrauen. Und je mehr Zeit er mit ihnen verbrachte, desto besser konnte er verstehen, warum die Clans nur schlecht miteinander auskamen. Er fragte sich, ob sie sich jemals wirklich vereinen ließen.
Das Gelage hatte seinen Höhepunkt erreicht und noch mehr Bierkrüge wurden herumgereicht, doppelt so viele wie zuvor, und die McClouds schienen noch lange nicht mit dem Trinken fertig zu sein, so wie die Krieger der MacGils es normalerweise zu dieser Zeit waren. Stattdessen tranken sie immer mehr – viel zu viel. Godfrey machte das nervös.
„Glaubst du, dass es beim Trinken ein ‚zu viel‘ gibt?“, fragte Godfrey Akorth.
Akorth sah ihn verächtlich an.
„Welch eine gotteslästerliche Frage!", platzte er heraus.
„Was ist nur in dich gefahren?“, fragte Fulton.
Doch Godfrey beobachtete, wie ein McCloud, der so betrunken war, dass er kaum sehen konnte, in eine Gruppe von Stammesbrüdern taumelte und sie umriss.
Einen Moment lang hielten alle im Raum inne und sahen zu den Kriegern auf dem Boden hinüber.
Doch sie rappelten sich wieder auf, brüllten und johlten vor Lachen und auch die anderen Männer feierten weiter, sehr zu Godfreys Erleichterung.
„Würdest du nicht sagen, dass sie genug hatten?“ fragte Godfrey, der sich zu fragen begann, ob das Ganze nicht eine schlechte Idee gewesen war.
Akorth sah in verständnislos an.
„Genug?“, fragte er. „Gibt es das überhaupt?“
Godfrey bemerkte, dass er selbst schon lallte, und dass sein Verstand nicht mehr so scharf funktionierte, wie er es gerne gehabt hätte. Dennoch begann er zu spüren, dass die Stimmung im Raum umzuschlagen begann, als ob etwas nicht so war, wie es sein sollte. Es war alles zu viel, gerade so, als ob alle im Raum jegliche Zurückhaltung verloren hatten.
„Fass sie nicht an!“, hörte er plötzliche jemanden schreien. „Sie gehört mir!“
Der Tonfall war dunkel, gefährlich und schnitt in einer Weise durch die Luft, die Godfrey sich umsehen ließ. Am anderen Ende der Halle stand ein MacGil Krieger und stritt mit einem McCloud, der eine Frau vom Schoss des MacGil gezogen hatte, einen Arm um ihre Taille gelegt hatte, und sie mit sich zog.
„Sie hat dir gehört. Jetzt gehört sie mir! Such dir eine andere!“
Der Ausdruck auf dem Gesicht des MacGil verfinsterte sich, und er zog sein Schwert. Der Klang hallte durch den Raum und zog die Aufmerksamkeit aller anderen auf sich.
„Ich sagte sie gehört mir!“, bellte er.
Sein Gesicht war puterrot, sein Haar verschwitzt, und der ganze Raum sah zu, gebannt von seinem Worten.
Alle hielten abrupt inne und es wurde still, während beide Seiten wie angewurzelt stehenbleiben und gebannt zusahen. Der McCloud, ein großer, bulliger Mann, schnitt eine Grimasse, und warf sie grob zur Seite. Sie stolperte und fiel in die Menge.
Die Frau war dem McCloud egal; es war offensichtlich, dass er über alle Massen gereizt, und auf Blutvergießen aus war.