Ein erlesener Todesfall - Грейс Фиона страница 4.

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Sie folgten dem Zaun, der bald an den ruhigen, sandigen Weg grenzte und dann wieder zurück zum Farmhaus führte. Obwohl es ein toller Tag gewesen war, um die hier wachsenden Bäume zu bestaunen, musste Olivia zugeben, dass die Tour ihnen wenig sonstige Hinweise geliefert hatte.

Doch da stieß Charlotte einen begeisterten Schrei aus und deutete auf ein halb verstecktes Gebäude in einer Ansammlung von Hagedornbüschen voll weißer Blüten.

„Da oben ist noch ein Gebäude. Schau!“

Ein Blick auf die Farbe der Steinmauern sagte Olivia, dass dieses Gebäude vermutlich zur selben Zeit errichtet worden war wie die alte Farmhausruine.

Sie stiegen hastig den steilen Berg hinauf. Olivia hatte ein gutes Gefühl bei diesem kleinen, quadratischen, von Bäumen verdeckten Gebäude. Sie hatte sich nie träumen lassen, dass es existierte, und war sich sicher, dass sie dort etwas Aufregendes finden würden.

Sie bahnte sich ihren Weg über den sandigen Untergrund und atmete den Duft der wilden Lavendelbüsche ein, die über ihre Beine strichen. Als sie sich dem Gebäude näherten, sah sie ein kleines Fenster, eher ein Luftschacht, hoch oben in der Steinwand.

Olivia legte eine Hand auf die kühle Mauer. Der Bau, in eine Bucht des Hügels genestelt, ohne ein einziges großes Fenster, ließ vermuten, dass es einst als sicheres Lager genutzt worden war. Wenn sie recht hatte, konnte vielleicht noch immer etwas im Innern zu finden sein.

Mit angehaltenem Atem umrundete sie es.

Da war sie. Ihr Herz schlug schneller, als sie die Holztür erblickte.

Obwohl die Oberfläche abgesplittert und verwittert war, sah die geschlossene Tür dick und solide aus.

Sie konnte nicht erwarten zu sehen, was sich dahinter befand.

„Endlich ein Fund!“, rief sie.

„Oh, ich bin so froh, dass wir endlich Ergebnisse erzielen“, jubelte Charlotte neben ihr und starrte auf die stabile Holztür.

Olivia atmete tief durch.

„Das ist es also. Jetzt werden wir das große Rätsel lösen.“

Sie drückte die Klinke herunter, und ihr Herz raste, als sie sich fragte, was sie wohl dahinter finden würden.

Doch dann stöhnte sie enttäuscht.

Die Tür war fest verschlossen.

*

Als sie am Mittag zur Arbeit ging, erwischte sich Olivia wieder und wieder dabei, wie ihre Gedanken zu dem geheimnisvollen Raum zurückwanderten. Was befand sich darin, und wie konnte sie hineingelangen, wenn selbst die Fenster zu klein waren, um hindurchzuklettern?

Sie wünschte, sie hätte mehr Zeit gehabt, um nach einem Eingang zu suchen.

Eine Option wäre, die Tür einzuschlagen, aber Olivia wollte nur ungern etwas in solch perfektem Zustand zerstören, vor allem, da die Tür ein Schlüsselloch besaß. Sie würde sie lieber unbeschädigt lassen und weiter hoffen, dass sie eines Tages den Schlüssel finden würde.

Vielleicht war er in der alten Ruine versteckt, inmitten eines Spinnennetzes?

Oder vielleicht musste Olivia ihre Vermutung über die alte Farmhausruine revidieren, jetzt, nachdem sie gesehen hatte, in welch perfektem Zustand sich dieser Lagerraum befand. Vielleicht war es einst einem Feuer zum Opfer gefallen oder ein Baum war darauf gefallen oder es hatte eine andere Katastrophe gegeben, die es zum Teil zerstört hatte. In dem Fall hatten die Farmer es vielleicht weiterhin benutzt, nachdem sie in das neue Haus gezogen waren.

Sie beschloss, die Umgebung abzusuchen und ein Auge nach dem Schlüssel offenzuhalten, wenn sie aufräumen und das Farmhaus saubermachen würde. Er würde sicherlich irgendwann auftauchen.

Olivia verdrängte ihre Gedanken. Sie konnte nicht weiter über das Rätsel ihres neuen Heims grübeln, wenn ihr ein anstrengender Tag auf dem berühmten Weingut La Leggenda bevorstand.

Während sie die ruhige, mit Zypressen gesäumte Straße entlangging, gestand sich Olivia, dass ihr derzeitiger Titel als Sommelière ihren Kenntnisstand noch immer weit überstieg.

Sie hatte sich aus einem Impuls heraus vor einigen Wochen in der Weinkellerei beworben und war für die Sommersaison als Assistentin angestellt worden. Nach einer bizarren Wende, bei der der damalige Sommelier umgebracht worden war und Olivia geholfen hatte, den Mordfall zu lösen, hatte sie schließlich das Angebot, seinen Job zu übernehmen, angenommen.

Sie besaß all den Enthusiasmus, der für die Position vonnöten war. Ihr fehlte es lediglich an Wissen. Seit sie ihre neue Stelle angetreten hatte, hatte Olivia das Gefühl, dass es ihr an mindestens zehn Jahren an Erfahrung fehlte, die sie in genauso vielen Tagen aufholen musste, um ihrem großzügigen Gehalt, das man ihr zahlte, gerecht zu werden.

Sie wusste, dass ihre Rolle zurzeit eher der einer Probierstubenbotschafterin entsprach, da es ihre Aufgabe war, die Gäste willkommen zu heißen und die Weinverkostung und die Verkäufe zu verwalten – letztere waren substanziell höher als im letzten Jahr, was bewies, dass sie in diesem Bereich besonders glänzte. Aber sie arbeitete so schnell sie nur konnte daran, sich all das Wissen anzueignen, das sie brauchte, um als vollwertige Sommelière gelten zu können, und lernte sogar abends noch. Naja, zumindest an manchen Abenden. Immerhin war Charlotte zum Urlaub hier, und sie landeten zwei bis drei Mal pro Woche abends in örtlichen Restaurants. Aber an allen anderen Abenden versuchte sie ihr Bestes.

Ihr Herz wurde ihr um einiges leichter, als sie La Leggenda vor sich erblickte. Sie hatte einen solch wundervollen Arbeitsplatz. Die eleganten Gebäude des Weinguts, erbaut aus honigfarbenem Stein, wirkten wie ein lebender Teil der grün-goldenen Landschaft, in der sie erbaut worden waren. Als sie die gewundene Zufahrt entlangging, überkam sie eine Woge aus Stolz darüber, dass sie nun ein kleiner Teil dieses historischen Ausflugsziels war.

„Guten Morgen, Olivia.“

Ihr Herz wurde ihr noch leichter, als sie den Besitzer der Weinkellerei, Marcello, an den Eingangspforten erblickte. La Leggenda war ein Familienbetrieb in der zweiten Generation, welcher heute im Besitz und unter Management von Marcello, vierzig Jahre alt, seiner jüngeren Schwester Nadia und seinem jüngeren Bruder Antonio war.

„Buon giorno“, grüßte sie zurück.

Er unterschrieb gerade einen Lieferschein, aber er legte das Blatt Papier zur Seite und kam mit einem Lächeln, das seine Augen aufleuchten ließ, auf sie zu und küsste sie zur Begrüßung auf die Wangen.

Olivia spürte, wie sie rot anlief. Sie hatte aufgegeben, gegen diese automatische Reaktion auf Marcellos Anwesenheit anzukämpfen. Er war nicht nur groß, dunkelhaarig und umwerfend gutaussehend, mit markanten Wangenknochen und Augen, tiefblau genug, um darin zu ertrinken, sondern sie hatte auch das Gefühl, dass da ein Funke zwischen ihnen sprühte.

Marcello verhielt sich jedem gegenüber charmant, aber Olivia spürte, dass er ihr besonders viel Aufmerksamkeit schenkte. Sie bildete sich das nicht nur ein. Definitiv nicht! Auch andere hatten das bereits bemerkt und sie schon mehrmals darauf hingewiesen.

Außerdem bestätigte ihr ihre Intuition, dass sie recht hatte.

Sie hatte vor, direkt in den Verkostungsraum zu gehen und alles für den anstehenden Arbeitstag vorzubereiten, aber zu ihrem Erstaunen legte Marcello ihr seine warme Hand auf die Schulter.

„Olivia, kannst du eine Minute warten? Ich möchte dich etwas fragen.“

„Na klar! Sicher doch!“

Verschiedene Szenarien schossen ihr durch den Kopf, angefangen mit einer Verabredung zu einem Kaffee. Es wird aber keine Einladung zum Kaffee sein, sagte sich Olivia streng. Sie hatte das Gefühl, dass sich Marcello persönliche Schranken auferlegt hatte, was das Ausgehen mit Mitarbeitern des Weinguts anging. Vermutlich wollte er nur einige Änderungen im Verkostungsmenü mit ihr besprechen.

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