Морган Райс - Die Zauberfabrik стр 5.

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Das unangenehme Gefühl, das der kommende Schultag in ihm hervorrief, wuchs mit jeder Minute, genau wie der Sturm, der sich draußen zusammenbraute. Er fürchtete, dass es der schlimmste Schultag seines Lebens werden könnte. Dabei hatte er schon eine ganze Menge richtig mieser Tage erlebt. Das Mindeste, was er jetzt noch tun konnte, war sich ausreichend auszuruhen.

Dad trotte abgeschlagen aus dem Haus. Durch die offene Haustür wehte ein Windstoß bis in alle Ritzen. Kurz darauf brachte er Olivers Kissen und Decke.

„In ein paar Tagen besorgen wir dir ein Bett“, sagte sein Vater, als er alles in der Nische ablegte. Von dem langen Tag im kalten Auto fühlte sich das Bettzeug eisig an.

„Danke“, sagte Oliver, der selbst für das kleinste bisschen Komfort dankbar war.

Seine Eltern löschten die Lichter und gingen die Treppe hinauf. Oliver blieb alleine in der Dunkelheit zurück. Das einzige Licht fiel von der matt erleuchteten Straßenlaterne durch Olivers Fenster.

Der Wind rüttelte an den Fenstern. Oliver spürte förmlich, wie der Sturm draußen an Kraft gewann. Etwas Merkwürdiges lag in der Luft. Er dachte an die Sturmwarnung im Radio. Es hatte ernst geklungen. Die meisten Kinder würden sich davor vielleicht fürchten, aber Oliver fürchtete nur den nächsten Tag in der neuen Schule.

Er setzte sich ans Fenster, legte die Ellbogen auf das Fensterbrett und blickte in den düsteren Himmel. Ein dürrer Baum neigte sich im Wind. Oliver fürchtete, dass er jeden Moment abbrechen könnte. Er konnte beinahe sehen, wie die dünne Barke brach und die schmale Krone vom Wind davongetragen wurde.

Da bemerkte er sie. Gerade als seine Gedanken ihn in seine Traumwelt entführen wollten, entdeckte er die zwei Gestalten, die neben dem Baum standen. Es waren ein Mann und eine Frau, die Oliver so ähnlich sahen, dass man sie für seine Eltern halten konnte. Hand in Hand standen sie da und lächelten ihn freundlich an.

Erschrocken machte Oliver einen Satz zurück. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass seine Eltern ihm kein bisschen ähnlich sahen. Beide hatten dunkles Haar und blaue Augen, genau wie Chris. Oliver hatte hingegen blondes Haar und dunkle Augen.

Plötzlich bezweifelte er, dass seine Eltern wirklich seine Eltern waren. Vielleicht liebten sie ihn deswegen nicht auf die gleiche Art, wie sie Chris liebten. Oliver blickte wieder aus dem Fenster, aber die beiden Gestalten waren verschwunden. Wahrscheinlich hatte er sie sich nur eingebildet.

Aber sie hatten so echt gewirkt!

Und so vertraut.

Wunschdenken, sagte Oliver sich.

Oliver setzte sich auf den Boden und lehnte sich an die kalte Wand in seinem improvisierten Schlafzimmer. Dann zog er die Knie bis an die Brust und deckte sich zu. Er schloss die Augen.

Kurz vor dem Einschlafen überkam ihn ein Gefühl, nein, die Sicherheit, dass sein Leben sich sehr bald ändern würde.

KAPITEL ZWEI

Oliver erwachte voller Unruhe. Sein Körper war steif von der Nacht auf dem kalten, harten Fußboden. Die Decke war nicht annähernd dick genug, dass sie ihn warmgehalten hätte und jetzt saß ihm die Kälte tief in den Knochen. Er war überrascht, dass er überhaupt geschlafen hatte angesichts des kommenden Schultages.

Es war still im Haus. Die anderen schliefen noch. Der matte Sonnenaufgang, der sein Licht durch die Scheibe warf, hatte Oliver geweckt. Er stand auf und schaute nach draußen. Der Sturm hatte die ganze Straße verwüstet; Gartenzäune waren eingerissen, Briefkästen umgeworfen, Müll auf der Straße verteilt. Oliver sah zu dem dürren, schiefen Baum, neben dem er in der Nacht zuvor das freundliche Pärchen gesehen hatte. In ihm hatte sich die Hoffnung festgesetzt, dass er vielleicht gar nicht zu den Blues gehörte, sondern irgendwo auf dieser Welt seine wahren Eltern herumliefen.

Der Baum stand an derselben Stelle, auch wenn er im fahlen Tageslicht noch mickriger wirkte. Von dem Pärchen gab es jedoch keine Spur.

Oliver schüttelte den Kopf. Er musste sie sich wirklich eingebildet haben. Jeder, der einen Bruder wie Chris hatte, wünschte sich vermutlich eine andere Familie.

Da er noch etwas Zeit für sich hatte, bevor die anderen wach wurden, zog er seinen Koffer zu sich. Er öffnete ihn und betrachtete all die kleinen Zahnräder, Drähte, Hebel und Knöpfe, die er für seine Erfindungen gesammelt hatte. Als sein Blick auf die Steinschleuder fiel, lächelte er zufrieden. Noch immer konnte er kaum glauben, dass ihr erster Einsatz ein voller Erfolg gewesen war. Dabei war es nicht einmal Olivers wichtigste Erfindung. Bei Weitem nicht. Seine größte Erfindung war ein bisschen komplizierter und viel bedeutsamer – Oliver arbeitete an etwas, das ihn unsichtbar machte.

Theoretisch war es möglich. Er hatte viel darüber gelesen. Es bedurfte nur zwei wichtiger Komponenten um ein Objekt unsichtbar zu machen. Erstens musste das Licht so um das Objekt herum gebrochen werden, dass es keinen Schatten mehr warf – ähnlich wie bei einem Pool, in dem der Schatten des Schwimmers am Beckenboden merkwürdig gedrungen wirkte. Und zweitens musste man die Lichtreflektion des Objekts eliminieren.

Auf dem Papier erschien das Problem gar nicht unlösbar, aber Oliver war sich bewusst, dass es in der dreidimensionalen Wirklichkeit nicht so einfach war, sonst hätte ja bereits jemand anderes eine Lösung gefunden. Doch das würde ihn nicht davon abhalten, es wenigstens zu versuchen. Wenn er seinem jämmerlichen Leben entkommen wollte, brauchte er diese Erfindung, so lange es auch dauern mochte.

Er griff in seinen Koffer und beförderte eine ganze Sammlung von Materialien heraus, die negativ lichtbrechende Eigenschaften besaßen. Leider hatte er das richtige Material noch nicht gefunden. Dann holte er die kleinen Spiralen aus dünnem Draht, die er zur Erzeugung elektromagnetischer Wellen brauchte, um das Licht auf unnatürliche Weise zu brechen. Leider waren keine dabei, die dünn genug waren. Die Spiralen mussten kleiner als vierzig Nanometer sein, damit es funktionierte. Und das war kleiner, als das menschliche Auge erfassen konnte. Doch Oliver war sich ganz sicher, dass er eines Tages jemanden treffen würde, der ihm helfen würde, die richtigen Materialien zu finden und seine Erfindung herzustellen.

In diesem Moment erschallte der Wecker von Olivers Eltern. Schnell packte er seine Einzelteile ein, bevor Chris aufwachen und zu ihm herunterpoltern würde. Wenn Chris je von seiner Arbeit Wind bekäme, würde er ganz sicher alles zerstören.

Sein Magen knurrte und erinnerte ihn daran, dass Chris sich bald neue Quälereien einfallen lassen würde. Daher beeilte sich Oliver, etwas zu essen in den Bauch zu bekommen.

Er ging an dem kaputten Tisch vorbei in die Küche. Die meisten Regale waren leer. Seine Familie hatte seit dem Umzug noch nicht die Gelegenheit gehabt, frische Lebensmittel einzukaufen. Aber Oliver fand eine Schachtel Frühstücksflocken, die den Umzug überlebt hatte, und eine angebrochene Flasche Milch. Schnell bereitete er sich eine Schüssel zu und schlang sie hinein. Gerade rechtzeitig. Nur wenige Augenblicke später kamen seine Eltern in die Küche.

„Kaffee?“, fragte seine Mutter. Ihre Haare waren durcheinander und ihre Augen sahen müde aus.

Dad nickte nur. Seufzend sah er den kaputten Esstisch an. Dann holte er eine Rolle Klebeband und machte sich daran, das gebrochene Bein wieder zusammenzukleben.

„Dieses Bett bringt mich um“, stöhnte er und rieb sich den Rücken.

Oliver ärgerte sich. Wenigstens hatte er ein Bett! Er selbst musste auf dem Boden in einer kalten Ecke schlafen!

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