Бернгард Келлерман - Тотеnтаnz / Пляска смерти. Книга для чтения на немецком языке стр 6.

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Fabian blickte ihn verwundert an. «Aber Krüger war doch überaus belieb», rief er aus.

«Früher, ja, früher einmal». versetzte Krieg. «Die Zeiten haben sich gewaltig geändert. Ein Mann, der jede Nacht in den Weinstuben saß und mit was für fragwürdigen Leuten? Nicht mit mir oder Ihnen, mein Lieber, nein, mit sozialdemokratischen Stadtvätern und üblerem Gesindel. Ein Mann, der bei den Freimaurern[23] eine maßgebende Rolle spielte? Man will ihm ja den Prozess machen».

«Den Prozess».

«Ja, den Prozess». nickte der Baurat. «Er soll städtische Gelder verschleudert haben. Da fuhr er zum Beispiel mit seiner Kleinen im Sommer abends auf die Dörfer, um ein bisschen frische Luft zu schnappen. Das kostet natürlich Benzin und Öl, und der Stadtsäckel muss es bezahlen. Und dann hat er, nun hören Sie, häufig mit seiner Flamme privat telefoniert, mindestens dreimal am Tag, dreimal». Der Baurat lachte, dass seine roten Bäckchen glänzten. Er lachte vor allem über Fabians verblüfftes Gesicht. «Daraus will man ihm einen Strick drehen, sehen Sie».

«Sollte man es für möglich halten». fragte Fabian ungläubig.

«Was für ketzerische Gedanken». rief Krieg aus. «Sie wissen noch immer nicht, woher der Wind weht? Es muss wieder Ordnung herrschen in deutschen Landen. Wenn Sie Partei sind, können Sie machen, was Sie wollen, wenn Sie aber nicht Partei sind, haben Sie sich in Tugend zu üben. Haben Sie übrigens schon Ihren Bruder Wolfgang gesprochen». fügte er hinzu.

«Ich werde ihm heute noch guten Tag sage», erwiderte Fabian. Der Baurat beugte sich vor. «Ihr Bruder Wolfgang ist auch so ein Ketzer, ein ganz fürchterlicher Ketze», sagte er lachend.

Und er erzählte, dass sie vor ein paar Tagen zusammen in der «Kuge». saßen, einige Freunde, Lehrer Gleichen war dabei und sein Bruder Wolfgang. Das Gespräch sei auf Redefreiheit und freie Meinungsäußerung gekommen, und bei dieser Gelegenheit sei Wolfgangs Rebellengeist zum Ausbruch gekommen. «„Haben wir, meine Herren“, begehrte Wolfgang auf, „haben wir zweitausend Jahre gegen Pfaffen und Könige gekämpft, um uns jetzt einen Maulkorb anlegen[24] zu lassen? Nein und dreimal nein! Ich werde meine Meinung sagen, und wenn sie mich auch vor eine Kanone binden, wie die Engländer es mit den Hindus getan haben sollen.“ Im Lokal waren ein paar Gesellschaften, die schon aufzuhorchen begannen. Am runden Stammtisch saßen auch Leute von der Partei und spitzten bedenklich die Ohren. Einer war etwas Höheres, nach den Sternen und Abzeichen am Kragen. Auch dieser da saß dabei». Der Baurat deutete mit dem Daumen nach rückwärts. «Dieser eingebildete Esel, Ihr Nachfolger».

Fabian musste lachen, es war der gleiche Ausdruck, den er vor wenigen Minuten in Gedanken gebraucht hatte. «Schilling heißt e», sagte er.

«Ja, auch dieser Herr Schillin», fuhr Krieg fort. «Wir hatten ja alle Hände voll zu tun, Wolfgang zu beruhige», erzählte er mit großer Lebhaftigkeit, wobei er sogar die Hände rang. «Wenn Sie also heute zu ihm kommen, so bitten Sie ihn, beschwören Sie ihn, etwas mehr Zurückhaltung zu üben. Man könnte seine Worte auch einmal falsch auslegen, die Geheimpolizei ist zur Zeit wieder mächtig an der Arbeit».

Fabian versprach, die Warnung auszurichten, und erhob sich, um zu gehen. «Haben Sie den neuen Herrn der Stadt schon gesehen». fragte er, als er dem Baurat die Hand reichte. «Diesen Herrn Taubenhaus».

Der Baurat nickte. «Natürlich, ich habe oft mit ihm zu tu», erwiderte er. «Ein stattlicher Mann mit sehr gefälligen Umgangsformen. Über seine Fähigkeiten kann sich natürlich noch niemand ein Bild machen. Er kommt aus einer kleinen Stadt in Pommern, wo die Gänse und Ziegen auf dem Marktplatz herumlaufen, wie er selbst sagt. In erster Linie sieht er auf Pünktlichkeit im Dienst und auf peinlichste Sparsamkeit. Ich baue zur Zeit seine Dienstwohnung aus, und das ist wohl auch der Grund, weshalb ich noch nicht den braunen Brief habe». Krieg lachte. «Bei dem Ausbau der Wohnung freilich ist er durchaus kein Pfennigsuchser[25]. Nichts kann ihm fein und teuer genug sein! Selbst die Klinken an den Türen mussten durch neue aus schwerer Bronze ersetzt werden, und das Schlafzimmer —! So ein fürstliches Schlafzimmer haben Sie noch nicht gesehen, mein Freund».

«Sicherlich ist es ein schwerer Verlust für die Stadt, dass Krüger gehen musst», sagte Fabian, dem die Entlassung Krügers sehr naheging.

Der Baurat begleitete ihn zur Tür. «Ein schwerer, ein sehr schwerer Verlust». versicherte er aufrichtig. «Auch für mich ist es ein schwerer Verlust, wie ich Ihnen als Freund gestehen kann! Es war mir im Laufe der Zeit gelungen, Krüger für meinen Lieblingsplan zu erwärmen». Da er aus Fabians Blicken sah, dass ihm sein Lieblingsplan unbekannt war, hielt er ihn am Mantelknopf fest. «Sie scheinen meinen Lieblingsplan nicht zu kennen, verehrtester Freund». fuhr er mit neuem Eifer fort. «Wirklich nicht? Seit Jahren träume ich schon davon, den Platz vor der alten Reitschule umzubauen. Die Gebäude ringsum werden in Kolonnaden verwandelt, Laden neben Laden, verstehen Sie? Der Wochenmarkt wird dahin verlegt und alle Messen, so dass der Rathausplatz frei wird für eine gärtnerische Ausgestaltung. Auch der Brunnen Ihres Bruders bekommt einen würdigeren Platz».

«Die Idee scheint wirklich originell zu sei», versetzte Fabian, der nur flüchtig hingehört hatte.

Der Baurat strahlte vor Begeisterung. «Kommen Sie, kommen Sie». rief er. «Ich werden Ihnen sofort meine Entwürfe zeigen, die Sie gewiss begeistern werden».

Aber Fabian dankte, er habe heute noch vieles vor. «Ein anderes Mal, mein lieber Baurat, heute bin ich allzusehr beschäftigt».

VI

Die kurze Unterhaltung mit dem Baurat hatte Fabian in eine zuversichtliche Laune versetzt. Er war nun nahezu überzeugt, dass man einen prächtigen Posten für ihn in Bereitschaft hielt. Am liebsten wäre er zu diesem Herrn Taubenhaus gegangen und hätte ihm die Hand gedrückt: «Fabian, melde mich gehorsamst vom Urlaub zurück. Als siebzehnjähriger Freiwilliger im Weltkrieg bei der Artillerie eingetreten, zum Offizier avanciert, mit dem Eisernen Erster[26] an der Front ausgezeichnet, deutsch bis in die Knochen». Er lächelte zufrieden, als er über den Rathausplatz ging.

Wieder blieb Fabian einige Augenblicke am Narzissbrunnen stehen. Schade, dachte er, indem er weiterging, dass Wolfgang so geringen Ehrgeiz besitzt. Man hatte ihm vor einem Jahr eine Professur in Berlin angeboten, aber er hatte es vorgezogen, hierzubleiben, wo er eine Lehrstelle an der Kunstschule bekleidete. Er hatte eine förmliche Angst vor Berlin und befürchtete, Berlin würde ihn zu stark in seiner künstlerischen Produktion hemmen. Schade, schade!

Sein Bruder Wolfgang lebte in Jakobsbühl, einem alten Dorf, eine halbe Stunde von der Stadt entfernt. Dort hatte er sich von dem Erlös des Narzissbrunnens ein altes Bauernhaus gekauft, das inmitten eines Obstgartens lag. Nach Jakobsbühl führte eine Straßenbahn, aber das schöne Herbstwetter verlockte Fabian, zu Fuß zu gehen.

Er durchquerte den Norden der Stadt, wo zumeist Arbeiter wohnten, und kam an den ausgedehnten, modernen Werken Schellhammer vorbei, die gegen fünftausend Arbeiter beschäftigten. Sie hatten im wesentlichen den Wohlstand der Stadt begründet. Etwas später gelangte er aufs offene Land und in die alte Pappelallee, die nach Jakobsbühl führte.

Als Fabian die kleine hölzerne Gartentür neben dem Brunnen öffnete, nickte ihm die Wirtschafterin Wolfgangs, eine alte Bäuerin, aus dem niedrigen Küchenfenster zu. Durch eine kleine Diele gelangte er in Wolfgangs geräumigen Arbeitsraum, der so sehr mit Zigarrenrauch erfüllt war, dass er anfangs nichts unterscheiden konnte. Dann sah er bei dem hohen Atelierfenster, das in die Giebelwand des früheren Bauernhauses eingebaut war, zwei lebhaft plaudernde, zigarrenrauchende Männer in niedrigen Sesseln sitzen. Sie saßen vor einer lebensgroßen Figur, deren Ton noch feucht glänzte, auf einem runden Tisch vor ihnen standen zwei halbleere Weingläser. An dem hellen Arbeitskittel, dem wirren Schopf angegrauter dunkler Haare und der dünnen Virginia[27] im Mund erkannte er seinen Bruder, während die krausen braunen Haare den Lehrer Gleichen vermuten ließen, der häufig bei ihm verkehrte. «Empörend und schamlos». rief Lehrer Gleichen eben mit einer lebhaften Gebärde aus und griff nach seinem Glas.

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