Eine tiefe Furche bildete sich auf Bucks Stirn. In diesem Moment fiel Lacey noch stärker auf, wie groß und breit der Mann wirklich war. Er war weit über 1,80m groß und dicker als zwei Menschen ihrer Statur nebeneinander – viel eher wie eine dicke Eiche. Er war furchteinflößend, sowohl von seiner Größe als auch in seinem Benehmen.
„Haben Sie nicht gehört, was meine Frau gesagt hat?“, bellte er. „Sie will Ihr Dingsbums kaufen, also nennen Sie mir einen Preis.“
„Ich habe ihre Frau gehört“, antwortete Lacey und blieb standhaft. „Aber Sie haben mir scheinbar nicht zugehört. Der Sextant steht nicht zum Verkauf.“
Sie klang viel selbstbewusster, als sie sich tatsächlich fühlte. Eine kleine Alarmglocke in ihrem Kopf begann zu läuten und sagte ihr, dass sich gerade in eine gefährliche Lage manövrierte.
Buck machte einen Schritt auf sie zu und sein bedrohlicher Schatten legte sich über sie. Chester sprang auf und knurrte als Antwort, aber Buck schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen und ignorierte ihn einfach.
„Sie verweigern uns den Kauf?“, sagte er. „Ist das nicht illegal? Ist unser Geld nicht gut genug für Sie?“ Er zog einen Stapel Bargeld aus seiner Tasche und fuchtelte damit vor Laceys Gesicht herum. Die Geste sollte eindeutig bedrohlich sein. „Da ist sogar das Gesicht der Queen drauf. Ist das nicht genug für Sie?“
Chester begann wütend zu kläffen. Lacey gab ihm das Handsignal aufzuhören und er gehorchte ihr brav, blieb aber weiterhin an derselben Stelle stehen, als wartete er nur auf das Zeichen zum Angriff.
Lacey verschränkte ihre Arme und bereitete sich auf einen Streit vor. Ihr war jeder Zentimeter bewusst, mit dem er sie überragte, und war trotzdem bereit, ihre Stellung zu halten. Sie würde sich nicht dazu drängen lassen, ihren Sextanten zu verkaufen. Sie würde nicht zulassen, dass ihr dieser gemeine, massige Mann Angst einjagen und ihre Auktion vermasseln würde. Sie hatte zu hart dafür gearbeitet und freute sich zu sehr darauf.
„Wenn Sie den Sextanten kaufen möchten, dann müssen Sie zu der Auktion kommen und darauf bieten“, sagte sie.
„Oh, das werde ich“, sagte Buck mit zusammengekniffenen Augen. Er zeigte direkt auf Laceys Gesicht. „Darauf können Sie wetten. Merken Sie sich meine Worte. Buckland Stringer wird gewinnen.“
Damit verschwand das Paar. Sie stürmten so rasant aus dem Laden, dass sie beinahe Turbulenzen in der Luft hinterließen. Chester hechtete zum Fenster, legte seine Vorderpfoten auf die Glasscheibe und knurrte sie von hinten an, während sie sich entfernten. Lacey sah ihnen zu, bis sie nicht mehr in Sichtweite waren. Erst dann bemerkte sie, wie sehr ihr Herz raste und ihre Beine zitterten. Sie hielt sich am Tresen fest, um sich zu stabilisieren.
Tom hatte recht gehabt. Sie hatte es verschrien, als sie gesagt hatte, für die beiden gäbe es keinen Grund, den Laden zu besuchen. Aber es war verständlich, dass sie angenommen hatte, nichts Interessantes für die beiden zu besitzen. Keiner hätte bei Daisys Anblick vermutet, dass sie an einem antiken, nautischen Sextanten interessiert wäre!
„Oh Chester“, sagte Lacey und ließ ihren Kopf auf ihre Faust sinken. „Warum habe ich ihnen nur von der Auktion erzählt?“
Der Hund winselte, als er das traurige Bedauern in ihrer Stimme wahrnahm.
„Jetzt muss ich sie auch noch am morgigen Tag ertragen“, jammerte sie. „Und wie wahrscheinlich ist es, dass sie sich bei der Auktion zu benehmen wissen? Das wird ein wahres Desaster.“
Und so schnell war ihre Vorfreude auf die Auktion am nächsten Tag erloschen, wie eine Flamme zwischen zwei Fingerspitzen. Und an ihrer Stelle fühlte sie jetzt nur Entsetzen.
KAPITEL VIER
Nach ihrem Aufeinandertreffen mit Buck und Daisy war Lacey mehr als bereit, den Laden für den Tag zu schließen und nach Hause aufzubrechen. Tom kam heute Abend vorbei, um für sie zu kochen, und sie freute sich besonders darauf, auf der Couch mit einem Glas Wein und einem guten Film zu kuscheln. Aber sie musste noch die Abrechnung machen, den Bestand sortieren, den Boden fegen und die Kaffeemaschine reinigen… Nicht, dass sich Lacey beschweren wollte. Sie liebte ihr Geschäft und alles, was als Besitzer dazugehörte.
Als sie endlich fertig war, ging sie gemeinsam mit Chester zum Ausgang und warf einen Blick auf die Schmiedeeisenuhr. Die Zeiger standen bereits auf sieben Uhr und draußen war es dunkel geworden. Obwohl der Frühling bereits längere Tage brachte, hatte Lacey noch keinen davon richtig genießen können. Aber sie konnte die Veränderung der Atmosphäre bereits spüren; die Stadt wirkte lebendiger, viele der Cafés und Pubs hatten länger geöffnet und viele Menschen saßen auf den Tischen im Freien, um Kaffee oder Bier zu trinken. Es gab dem Ort eine festliche Stimmung.
Lacey schloss ihren Laden ab. Sie war seit dem Einbruch besonders vorsichtig geworden, aber selbst wenn dieser Vorfall niemals passiert wäre, würde sie sich so verhalten. Der Shop war wie ihr eigenes Kind geworden. Er war etwas, das gepflegt, beschützt und umsorgt werden musste. In so kurzer Zeit hatte sie sich komplett verliebt.
„Wer hätte gedacht, dass man sich in ein Geschäft verlieben könnte?“, sinnierte sie laut und seufzte tief, zufrieden darüber, wie sich ihr Leben gedreht hatte.
An ihrer Seite winselte Chester.
Lacey streichelte seinen Kopf. „Ja, in dich bin ich auch verliebt. Keine Sorge!“
Als sie über die Liebe sprach, erinnerte sie sich an die Pläne für heute Abend mit Tom und spähte zu seiner Patisserie hinüber.
Zu ihrer Überraschung waren noch alle Lichter an. Das war sehr ungewöhnlich. Tom musste sein Geschäft bereits zu der unmenschlichen Zeit um fünf Uhr morgens öffnen, damit alles rechtzeitig für den Frühstücksansturm um sieben Uhr fertig war. Das bedeutete, dass er üblicherweise um Punkt fünf Uhr abends abschloss. Jetzt war es sieben Uhr und er war offensichtlich noch dort. Die Klapptafel stand noch auf der Straße. Das Schild an der Tür zeigte noch an, dass geöffnet war.
„Komm schon, Chester“, sagte sie zu ihrem flauschigen Freund. „Lass uns schnell nachsehen gehen.“
Gemeinsam überquerten sie die Straße und betraten die Patisserie.
Sofort nahm Lacey einen Tumult in der Küche wahr. Es klang wie die üblichen Geräusche klirrender Pfannen und Töpfe, aber mit doppelter Geschwindigkeit.
„Tom?“, rief sie ein wenig nervös.
„Hey!“, drang seine Stimme aus der Küche hervor. Er klang so gut aufgelegt wie immer.
Jetzt, da Lacey wusste, dass er nicht gerade dabei war, von einem Macaron-Dieb überfallen zu werden, entspannte sie sich. Sie hüpfte auf ihren üblichen Stuhl, während das Klappern fortsetzte.
„Ist alles okay bei dir?“, fragte sie.
„Alles gut!“, rief Tom zurück.
Einen Augenblick später erschien er endlich im Durchgang zur kleinen Küche. Er trug seine Schürze und sie – genauso wie seine restlichen Kleider darunter und seine Haare – war voller Mehl. „Es gab einen kleinen Unfall.“
„Klein?“, verhöhnte ihn Lacey. Da sie jetzt wusste, dass Tom keinen Eindringling in der Küche bekämpfte, konnte sie die Situationskomik genießen.
„Es war eigentlich Paul“, begann Tom.
„Was hat er jetzt schon wieder gemacht?“, fragte Lacey und erinnerte sich an die Zeit, als Toms Lehrling versehentlich Backpulver an Stelle von Mehl in einem Teig verwendet hatte, sodass dieser komplett unbrauchbar wurde.
Tom hielt zwei weiße Packungen hoch, die fast identisch aussahen. Auf der linken Seite stand auf dem ausgeblichenen Schild: Zucker. Auf der rechten Seite: Salz.
„Ah“, sagte Lacey.
Tom nickte. „Jep. Das war der Teig für das morgige Frühstücksgebäck. Ich muss die gesamte Ladung neu machen oder riskieren, dass ich den Ärger der Bewohner auf mich ziehe, wenn sie zum Frühstück kommen und herausfinden, dass ich nichts zu verkaufen habe.“