Фридрих Ницше - Der Wanderer und sein Schatten стр 11.

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Das Verbot ohne Gründe.  — Ein Verbot, dessen Gründe wir nicht verstehen oder zugeben, ist nicht nur für den Trotzkopf, sondern auch für den Erkenntnisdurstigen fast ein Geheiß: man läßt es auf den Versuch ankommen, um so zu erfahren,weshalbdas Verbot gegeben ist. Moralische Verbote, wie die des Dekalogs, passen nur für Zeitalter der unterworfenen Vernunft: jetzt würde ein Verbot» du sollst nicht töten«,»du sollst nicht ehebrechen«, ohne Gründe hingestellt, eher eine schädliche als eine nützliche Wirkung haben.

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Charakterbild.  — Was ist das für ein Mensch, der von sich sagen kann:»ich verachte sehr leicht, aber hasse nie. An jedem Menschen finde ich sofort etwas heraus, das zu ehren ist und dessentwegen ich ihn ehre; die sogenannten liebenswürdigen Eigenschaften ziehen mich wenig an«.

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Mitleiden und Verachtung.  — Mitleiden äußern wird als ein Zeichen der Verachtung empfunden, weil man ersichtlich aufgehört hat, ein Gegenstand derFurchtzu sein, sobald einem Mitleiden erwiesen wird. Man ist unter das Niveau des Gleichgewichts hinabgesunken, während schon jenes der menschlichen Eitelkeit nicht genugtut, sondern erst das Hervorragen und Furchteinflößen der Seele das erwünschteste aller Gefühle gibt. Deshalb ist es ein Problem, wie dieSchätzungdes Mitleids aufgekommen ist, ebenso wie erklärt werden muß, warum jetzt der Uneigennützigegelobtwird: ursprünglich wird erverachtetoder als tückischgefürchtet.

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Klein sein können.  — Man muß den Blumen, Gräsern und Schmetterlingen auch noch so nah sein wie ein Kind, das nicht viel über sie hinweg reicht. Wir Älteren dagegen sind über sie hinausgewachsen und müssen uns zu ihnen herablassen; ich meine, die Gräserhassenuns, wenn wir unsere Liebe für sie bekennen. — Wer an allem Guten teilhaben will, muß auch zu Stunden klein zu sein verstehen.

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Inhalt des Gewissens.  — Der Inhalt unseres Gewissens ist alles, was in den Jahren der Kindheit von uns ohne Grund regelmäßiggefordertwurde durch Personen, die wir verehrten oder fürchteten. Vom Gewissen aus wird also jenes Gefühl des Müssens erregt (»dieses muß ich tun, dieses lassen«), welches nicht fragt:warummuß ich? — In allen Fällen, wo eine Sache mit» weil «und» warum «getan wird, handelt der MenschohneGewissen; deshalb aber noch nicht wider dasselbe. — Der Glaube an Autoritäten ist die Quelle des Gewissens: es ist also nicht die Stimme Gottes in der Brust des Menschen, sondern die Stimme einiger Menschen im Menschen.

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Überwindung der Leidenschaften.  — Der Mensch, der seine Leidenschaften überwunden hat, ist in den Besitz des fruchtbarsten Erdreiches getreten: wie der Kolonist, der über die Wälder und Sümpfe Herr geworden ist. Auf dem Boden der bezwungenen Leidenschaften den Samen der guten geistigen Werkesäen,ist dann die dringende nächste Aufgabe. Die Überwindung selber ist nur einMittel,kein Ziel; wenn sie nicht so angesehen wird, so wächst schnell allerlei Unkraut und Teufelszeug auf dem leer gewordenen fetten Boden auf, und bald geht es auf ihm voller und toller zu als je vorher.

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Geschick zum Dienen.  — Alle sogenannten praktischen Menschen haben ein Geschick zum Dienen: das eben macht sie praktisch, sei es für andere oder für sich selber. Robinson besaß noch einen besseren Diener, als Freitag war: das war Crusoe.

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Gefahr der Sprache für die geistige Freiheit.  — Jedes Wort ist ein Vorurteil.

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Geist und Langeweile.  — Das Sprichwort:»Der Magyar ist viel zu faul, um sich zu langweilen «gibt zu denken. Die feinsten und tätigsten Tiere erst sind der Langeweile fähig. — Ein Vorwurf für einen großen Dichter wäre dieLangeweile Gottesam siebenten Tage der Schöpfung.

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Im Verkehr mit den Tieren.  — Man kann das Entstehen der Moral in unserem Verhalten gegen die Tiere noch beobachten. Wo nutzen und Schadennichtin Betracht kommen, haben wir ein Gefühl der völligen Unverantwortlichkeit; wir töten und verwunden zum Beispiel Insekten oder lassen sie leben und denken für gewöhnlich gar nichts dabei. Wir sind so plump, daß schon unsere Artigkeiten gegen Blumen und kleine Tiere fast immer mörderisch sind: was unser Vergüngen an ihnen gar nicht beeinträchtigt. — Es ist heute das Fest der kleinen Tiere, der schwülste Tage des Jahres: es wimmelt und krabbelt um uns, und wir zerdrücken, ohne es zu wollen,aber auchohne acht zu geben, bald hier, bald dort ein Würmchen und gefiedertes Käferchen. — Bringen die Tiere uns Schaden, so erstreben wir auf jede Weise ihreVernichtung,die Mittel sind oft grausam genug, ohne daß wir dies eigentlich wollen: es ist die Grausamkeit der Gedankenlosigkeit. Nützen sie, sobeutenwir sieaus:bis eine feinere Klugheit uns lehrt, daß gewisse Tiere für eine andere Behandlung, nämlich für die der Pflege und Zucht, reichlich lohnen. Da erst entsteht Verantwortlichkeit. Gegen das Haustier wird die Quälerei gemieden; der eine Mensch empört sich, wenn ein anderer unbarmherzig gegen seine Kuh ist, ganz in Gemäßheit der primitiven Gemeinde-Moral, welche dengemeinsamenNutzen in Gefahr sieht, so oft ein einzelner sich vergeht. Wer in der Gemeinde ein Vergehen wahrnimmt, fürchtet den indirekten Schaden für sich: und wir fürchten für die Güte des Fleisches, des Landbaues und der Verkehrsmittel, wenn wir die Haustiere nicht gut behandelt sehen. Zudem erweckt der, welcher roh gegen Tiere ist, den Argwohn, auch roh gegen schwache, ungleiche, der Rache unfähige Menschen zu sein; er gilt als unedel, des feineren Stolzes ermangelnd. So entsteht ein Ansatz von moralischem Urteilen und Empfinden: das beste tut nun der Aberglaube hinzu. Manche Tiere reizen durch Blicke, Töne und Gebärden den Menschen an, sich in siehineinzudichten,und manche Religionen lehren im Tiere unter Umständen den Wohnsitz von Menschen- und Götterseelen sehen: weshalb sie überhaupt edlere Vorsicht, ja ehrfürchtige Scheu im Umgange mit den Tieren anempfehlen. Auch nach dem Verschwinden dieses Aberglaubens wirken die von ihm erweckten Empfindungen fort und reifen und blühen aus. — Das Christentum hat sich bekanntlich in diesem Punkte als arme und zurückbildende Religion bewährt.

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Neue Schauspieler.  — Es gibt unter den Menschen keine größere Banalität als den Tod; zu zweit im Range steht die Geburt, weil nicht alle geboren werden, welche doch sterben; dann folgt die Heirat.

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